Studienarbeit im Ausland

Grundlagen

Seit der Änderung der Juristenausbildungs- und Prüfungsordnung vom April 2013 (Gesetzblatt 2013, Nr. 5 vom 6. Mai, Seite 86f.) besteht in Baden-Württemberg die Möglichkeit, die schriftliche Studienarbeit der Universitätsprüfung im Schwerpunktbereichs während eines rechtswissenschaftlichen Auslandsstudiums zu absolvieren.

Die Möglichkeit der Anerkennung einer während eines Auslandsstudiums angefertigten wissenschaftlichen Arbeit als Studienarbeit im Schwerpunktbereich besteht neben (also zusätzlich zur) Möglichkeit, Studienleistungen als (einen!) zulassungsrelevanten Schein anerkennen zu lassen (z.B. Fortgeschrittenenübung oder Seminarschein).

Für die Anerkennung wissenschaftlicher Arbeiten, die ab dem Wintersemester 2018/19 angefertigt werden, gelten neue Ermessensleitlinien. Diese werden in den folgenden Abschnitten (I.-IV.) beschrieben.

Rechtsgrundlagen

§ 31 Abs. 2 JAPrO
Eine Studienarbeit, die nach bestandener Zwischenprüfung im Rahmen eines rechtswissenschaftlichen Auslandsstudiums angefertigt wurde, wird anerkannt, sofern hinsichtlich der erworbenen Kompetenzen kein wesentlicher Unterschied zu der Studienarbeit nach den Vorgaben der jeweiligen universitären Prüfungsordnung für das Schwerpunktbereichsstudium besteht. Über die Anerkennung entscheidet die Universität, an der das Studium fortgesetzt wird.

§ 35 Abs. 1 LHG
Studienzeiten, Studien- und Prüfungsleistungen sowie Studienabschlüsse, die in Studiengängen an anderen staatlichen oder staatlich anerkannten Hochschulen und Berufsakademien der Bundesrepublik Deutschland oder in Studiengängen an ausländischen staatlichen oder staatlich anerkannten Hochschulen erbracht worden sind, werden anerkannt, sofern hinsichtlich der erworbenen Kompetenzen kein wesentlicher Unterschied zu den Leistungen oder Abschlüssen besteht, die ersetzt werden; die Teilnahme an anerkannten Fernstudieneinheiten wird wie das entsprechende Präsenzstudium auf die Studienzeit angerechnet. Die Anerkennung dient der Fortsetzung des Studiums, dem Ablegen von Prüfungen, der Aufnahme eines weiteren Studiums oder der Zulassung zur Promotion. § 15 Absätze 3 und 4 LBG bleibt unberührt. Es obliegt der Antragstellerin oder dem Antragsteller, die erforderlichen Informationen über die anzuerkennende Leistung bereitzustellen. Die Beweislast dafür, dass ein Antrag die Voraussetzungen für die Anerkennung nicht erfüllt, liegt bei der Stelle, die das Anerkennungsverfahren durchführt. Bei der Entscheidung über die Anerkennung ausländischer Bildungsnachweise sollen die Bewertungsvorschläge der Zentralstelle für ausländisches Bildungswesen beim Sekretariat der Ständigen Konferenz der Kultusminister der Länder in der Bundesrepublik Deutschland (ZAB) beachtet werden.

I. Materielle Leitlinien für die Anerkennung

Unter Berücksichtigung des prüfungsrechtlichen Gleichbehandlungsgebots kommt auf der Grundlage der vorstehenden Vorschriften die Anerkennung einer im Rahmen eines rechtswissenschaftlichen Auslandsstudiums angefertigten schriftlichen Arbeit als Studienarbeit nur unter folgenden Voraussetzungen in Betracht:

  1. Der Kandidat könnte nach seinem Studienstand auch in Heidelberg eine Studienarbeit schreiben (hat also den SPB gewählt, die drei großen Übungen erfolgreich absolviert und den Grundlagenschein II erworben).
  2. Das ausländische Studienprogramm erfordert für den Fall, dass man es vollständig abschließen will, eine den hiesigen Studienarbeiten vergleichbare Prüfungsleistung. Die Bewertung dieser Leistung muss in die Endnote eingehen, es darf sich nicht lediglich um eine Zulassungsleistung handeln. Der Korrektor muss Professor, Privatdozent oder in vergleichbarer Stellung sein und die zur Anerkennung eingereichte Arbeit nach dem für die in dem ausländischen Studiengang zu erbringende Abschlussarbeit geltenden Maßstab bewertet haben.
  3. Es darf für den Verfasser der zur Anerkennung eingereichten Arbeit keine freie Themenwahl bestanden haben, mögliche konkrete Themen dürfen nicht schon vor der eigentlichen Bearbeitungszeit bekannt gewesen sein (etwa durch Aushang, Ankündigung in der Vorlesung o.ä.). Es darf keine Betreuung durch den Korrektor selbst oder dessen Mitarbeiter erfolgt sein. Die Bearbeitungszeit muss mindestens vier und darf höchstens sechs Wochen betragen haben und muss strikt eingehalten worden sein.
  4. Die inhaltlichen Ausführungen der Arbeit lassen es mit Blick auf die Bewertung plausibel erscheinen, dass an den Bearbeiter im wesentlichen die gleichen Anforderungen gestellt wurden wie bei einer Studienarbeit in Heidelberg und sich deshalb auch die im Auslandsstudium erworbenen und durch die Studienarbeit dokumentierten Kompetenzen nicht wesentlich von den durch eine an der Heidelberger Fakultät verfasste Studienarbeit dokumentierten Kompetenzen unterscheiden.

II. Verfahren

  1. Soll die Studienarbeit im Ausland geschrieben werden, hat der Kandidat dies dem Prüfungsamt spätestens drei Wochen vor Beginn der Bearbeitungszeit mitzuteilen und den Dozenten der ausländischen Universität unter Angabe einer Kontaktmöglichkeit (einschließlich e-mail) zu benennen.
  2. Das Prüfungsamt teilt dem benannten Dozenten die oben unter I.2. und I.3. genannten Voraussetzungen für eine Anerkennung der Studienarbeit mit und lässt sich von dem Dozenten (mindestens in elektronischer Form) bestätigen, dass er bei der Ausgabe, Durchführung und Bewertung der Studienarbeit entsprechend verfahren wird. Sobald diese Bestätigung dem Prüfungsamt vorliegt, gilt der Kandidat als fristgemäß zur Studienarbeit angemeldet.
  3. Der Dozent der ausländischen Universität übersendet die Studienarbeit mit seiner Bewertung unmittelbar an das Prüfungsamt. Die Bewertung wird nach dem Bewertungssystem der ausländischen Universität vorgenommen. Der Dozent teilt dem Prüfungsamt zugleich mit, wie nach dem angewendeten Bewertungssystem die beste zu erreichende Note (höchste zu erreichende Punktzahl) lautet und welche Mindestnote (Mindestpunktzahl) für ein Bestehen erforderlich ist. Wurde die Bestnote (Höchstpunktzahl) vergeben, teilt der Dozent zusätzlich mit, ob er die Arbeit im Vergleich mit mindestens 50 entsprechenden Arbeiten zu den besten 5 % rechnen würde (= absolut herausragend).
  4. Die Umrechnung der im Ausland festgesetzten Note erfolgt in einem ersten Schritt mittels Anwendung der modifizierten bayerischen Formel (vgl. Beschluss der KMK v. 15.03.1991 i.d.F. v. 18.11.2004). Die sich hieraus ergebende Schulnote wird in einem zweiten Schritt in das 18-Punkte-System überführt, wobei die Punktwerte 16 – 18 nur für solche Arbeiten vorzusehen sind, die von dem ausländischen Dozenten mit der Höchstnote bewertet und zusätzlich als absolut herausragend be-zeichnet wurden.

III. Ergänzende Aneignungs- und Selbstbewertungsmöglichkeit

Scheitert die Anerkennung der Studienarbeit allein an Punkt I. 4. der o.g. materiellen Anerkennungsvoraussetzungen, kann sich ein Prüfer des betroffenen Schwerpunktbereichs die Aufgabenstellung des ausländischen Kollegen aneignen und eine eigene Bewertung der Arbeit vornehmen, sofern der Kandidat dies nach Mitteilung der negativen Anerkennungsentscheidung unverzüglich beantragt. Ein Rechtsanspruch des Kandidaten hierauf besteht nicht.

IV. Sonderregelung für die Université de Lausanne

Die unter I. 2., II. 3 Sätze 2-4 und II. 4 genannten Leitlinien gelten nicht für Studienarbeiten, die am Lehrstuhl für deutsches Recht in Lausanne verfasst wurden.

Antragstellung

Es sind folgende Unterlagen einzureichen:

  • Antrag (formlos, schriftlich), s.u.
  • Immatrikulationsbescheinigung des Semesters nach dem letzten Auslandssemester (also des ersten Semesters, das (wieder) aktiv in Heidelberg studiert wird).
  • Bewertung der Arbeit. Dem Prüfer wird vom Prüfungsamt ein Bewertungsbogen zur Verfügung gestellt, in dem das juristische Notensystem und die Vergabepraxis erläutert wird.
  • Bewertete Arbeit (im Original oder – wenn die Arbeit dauerhaft bei der Universität im Ausland verbleibt – ein Zweitausdruck der Arbeit) und (wenn vom Prüfer zur Verfügung gestellt) die Begründung der Bewertung.
  • Die Arbeit als elektronische Datei (im Word-, pdf- oder Open Office-Format)
  • Es kann zudem die Vorlage einer deutschen Übersetzung verlangt werden.

Der Antrag soll beinhalten:

  • Bezeichnung der Ausländischen Universität und des Auslandssemesters
  • Name des Aufgabenstellers
  • Titel der Arbeit
  • Schwerpunktbereich, in dem die Arbeit als Studienarbeit anerkannt werden soll.
  • Der Antrag ist an das Prüfungsamt der Juristischen Fakultät zu richten. Es entscheidet die Dekanin / der Dekan. Zur Frage der Vergleichbarkeit der erworbenen Kompetenzen wird vom Prüfungsamt eine Stellungnahme einer im Schwerpunkbereich lehrenden Professorin / eines Professors eingeholt.

Verhältnis zur Studienarbeit in Heidelberg und Möglichkeit der Wiederholung

Eine Anerkennung ist ausgeschlossen, wenn die Studienarbeit bereits in Heidelberg im Rahmen einer Universitätsprüfung unternommen wurde (genauer Zeitpunkt: Ausgabe des Themas).

Wurde eine während eines Auslandsstudiums erbrachte Arbeit anerkannt, so kann die Studienarbeit im Rahmen einer Universitätsprüfung nicht nochmals absolviert werden. Eine „Notenverbesserung“ ist also nicht möglich.

Wird die Universitätsprüfung (zum Bestehen oder zur Verbesserung) wiederholt (§ 18 der Schwerpunktbereichsprüfungsordnung), so muss nochmals eine Studienarbeit angefertigt werden. Auch hier gilt, dass der Schwerpunktbereich nur insgesamt, mit allen zwei Teilleistungen) wiederholt werden kann.

Wirkung der Anerkennung

Die Anerkennung wird in einem schriftlichen Bescheid ausgesprochen. Die Ausfertigung der Arbeit sowie der Datenträger mit der elektronischen Datei werden nach den allgemeinen Regeln archiviert.

Die Anerkennung gilt nur für die Universitätsprüfung in Heidelberg. Auf der Examensurkunde der Universität erfolgt keine Kennzeichnung der Anerkennung; auf einem Zeugnis der Teilleistungen und einem „Transcript of Records“ wird unter Angabe der ausländischen Hochschule, des Semesters, des Prüfers und der Note vermerkt, dass die Leistung anerkannt wurde.

Die schriftliche Arbeit kann, wenn weitere Voraussetzungen (v.a. Referat) erfüllt sind (siehe ) zugleich als Seminararbeit anerkannt werden. Eine gleichzeitige Anerkennung als Teilleistung einer Fortgeschrittenenübung ist nicht möglich.

Die Anerkennung einer Studienarbeit, die ab dem Sommersemester 2015 angefertigt wird, hat zur Folge, dass das Semester, in dem die Arbeit angefertigt wurde, nicht mehr gemäß § 22 Absatz 2 Nr. 3 JAPrO  unberücksichtigt bleiben kann.