Internationales Privat- und Verfahrensrecht (IPR/IZVR)
Schwerpunktbereich 8a
Die modernen Gesellschaften haben zu einer signifikanten Internationalisierung des Zivil- und Wirtschaftsrechts geführt. Dies betrifft die Exportorientiertheit der deutschen Wirtschaft, die stärker als je zuvor mit Partnern aus anderen Rechtskulturen kooperiert, ebenso wie Privatpersonen. Beispiele bieten nicht nur weltweite Vertragsschlüsse (über das Internet), sondern auch die zunehmende internationale Vernetzung aufgrund grenzüberschreitender Mobilität. Für das juristische Studium folgt daraus, dass heutzutage neben einer Ausbildung im nationalen Recht auch eine Sensibilität für ausländische Rechtsordnungen notwendig ist. Gleichzeitig müssen die unterschiedlichen konkurrierenden Rechtsordnungen auch koordiniert werden.
An dieser Stelle setzt das IPR an. Es bedient sich einer besonderen, auf Auslandssachverhalte zugeschnittenen Methodenlehre, die das Handwerkszeug bietet, um diese Internationalisierung zivilrechtlich abbilden zu können. Es erschließt den rechtstechnischen Umgang mit grenzüberschreitenden Sachverhalten und Rechtsfragen und der damit einhergehenden Vielzahl an Rechtsquellen im Mehrebenensystem (Europarecht, Völkerrecht, autonomes deutsches Recht). Wer etwa wissen möchte, ob Angehörige nach einem Flugzeugabsturz Schmerzensgeld verlangen können, muss mit Rechtsakten wie dem Montrealer Luftverkehrsübereinkommen, der EU-Flug-VO, der Rom I- und Rom II-VO sowie den disparaten nationalen Schadensrechten umgehen können. Den methodischen Schlüssel, um diese verschiedenen Regelwerke in Beziehung zueinander setzen zu können, liefert das IPR.
Zweiter zentraler Bestandteil des Schwerpunktbereichs ist das IZVR. Darin geht es insbesondere um die internationale Zuständigkeit von nationalen Gerichten sowie die Anerkennung und Vollstreckung ausländischer Urteile im Inland. So hat beispielsweise die Festlegung der internationalen Zuständigkeit große Auswirkungen auf die Prozessführung. Eine deutsche Klägerin wird ihre Klageschrift vor einem französischen Gericht nicht in deutscher Sprache einreichen können; zudem muss sie – wahrscheinlich zusätzlich zu ihrem deutschen Anwalt – einen französischen Anwalt einschalten. Für die mündliche Verhandlung wird sie ferner zum Sitz des französischen Gerichts reisen müssen. Demgegenüber betreffen die Anerkennung und Vollstreckung die Überlegung, ob inländische Urteile im Ausland anerkannt und als Grundlage für die Vollstreckung dienen können. Dies ist vor allem relevant, wenn die unterlegene Partei nicht über Vermögen im Gerichtsstaat verfügt.
Studienplan
Tabelle
Vorlesungen (IPR/IZVR) | Internationales Privatrecht II | 2 |
Vorlesungen (IPR/IZVR) | Internationales Familien- und Erbrecht | 1 |
Vorlesungen (IPR/IZVR) | Schiedsverfahrensrecht/internationale Streitbeilegung | 2 |
Vorlesungen (IPR/IZVR) | Internationales Unternehmensrecht | 2 |
Vorlesungen (IPR/IZVR) | Rechtsvergleichung | 2 |
Hinweis: Staatsexamen-Pflichtstoff (Vorlesungen sollten vor dem Schwerpunkt besucht werden) | Internationales Privatrecht I | 2 |
Hinweis: Staatsexamen-Pflichtstoff (Vorlesungen sollten vor dem Schwerpunkt besucht werden) | Europarecht I | 2 |
Schlüsselqualifikationen (optional) | Techniken außergerichtlicher Streitbeilegung | 2 |
Schlüsselqualifikationen (optional) | Kommunikation/Vertragsgestaltung/Streitbeilegung | 2 |
Kolloquien/Arbeitsgemeinschaften (optional) | Kolloquium rechtsvergleichender Arbeitskreis | 2 |
Kolloquien/Arbeitsgemeinschaften (optional) | Kolloquium IPR/IZVR | 1 |
Seminar (optional) | Die Ablegung eines Seminars im SPB 8a hat sich für zahlreichende Studierende als sinnvoller Testlauf für die Studienarbeit erwiesen. Zudem stellt der auf die Seminararbeit folgende Vortrag mit anschließender Dis-kussion eine gute Übung für die Ablegung der mündlichen Prüfung dar. | 2-3 |
Einführung in ausländische Rechtsordnungen (optional) | Empfehlenswert ist der Besuch einer der Veranstaltungen zum ausländischen Recht. Die Studierenden werden in diesen Veranstaltungen die Kenntnisse vermittelt, um die Unterschiede zur deutschen Rechtsordnung aufzeigen und die praktische Relevanz bei IPR-Fällen darstellen zu können. | 2 |
Vis Moot Court (optional) | Die Teilnahme am Vis Moot Court bietet eine weitere Möglichkeit, sich im Rahmen eines internationalen Wettbewerbs mit den Regeln des internati- onalen Wirtschaftsrechts einschließlich des Kollisionsrechts auseinander-zusetzen. Der Wettbewerb wird auf Englisch zwischen ca. 360 universitären Teams aus der ganzen Welt in den Finalrunden in Hongkong und Wien ausgetragen. | 2 |
Pax Moot Court (optional) | Der Pax Moot Court bietet die Möglichkeit, sich vertieft mit dem Europäischen Internationalen Verfahrens- und Privatrecht auseinanderzusetzen. Der Wettbewerb findet auf Englisch und Französisch in Paris oder Den Haag statt. |
Prüfungsleistungen
Erster Prüfungsabschnitt (50 % der Schwerpunktbereichsnote):
Im Rahmen des ersten Prüfungsabschnitts ist die Studienarbeit anzufertigen. Teilweise kann die Studienarbeit auch mit einem angebotenen Semi-nar im SPB 8a kombiniert werden.
Zweiter Prüfungsabschnitt (50 % der Schwerpunktbereichsnote):
Der zweite Prüfungsabschnitt besteht aus einer mündlichen Prüfung.
Prüfungsgegenstände
- Deutsches Kollisionsrecht (insbesondere Art. 3 – 48 EGBGB)
a. Allgemeine Lehren
b. Verweisungen im Bereich des Bürgerlichen Rechts und des Wirtschaftsrechts
- Europäisches Kollisionsrecht
a. Kollisionsrechtliche Bedeutung des Primärrechts
b. Einzelne Rechtsakte, insbesondere:
- Verordnung Rom I (593/2008/EG)
- Verordnung Rom II (864/2007/EG)
- Verordnung Rom III (EU/1259/2010)
- Unterhalts-VO (4/2009/EG) und HUnthProt
- Verordnungen zum Güterrecht (EU/1103/2016 & EU/1104/2016)
- Sektorielle Kollisionsregeln in EU-Richtlinien und im EU-Verordnungsrecht (Überblick und methodische Grundlagen)
- Internationales Verfahrensrecht
a. Europäische Rechtsakte, insbesondere:
- Verordnung Brüssel Ia (1215/2012/EU): Anwendungsbereich, internatio-nale Zuständigkeit, anderweitige Rechtshängigkeit, Anerkennung und Vollstreckung
- Verordnung Brüssel IIa (2201/2003/EG) (thematisch wie bei Brüssel Ia)
- Unterhaltsverordnung (4/2009/EG)
- EuVTVO (805/2004/EG)
- EuMahnVO (1896/2006/EG), EuBagatellVO (861/2007/EG)
- Grenzüberschreitende Rechtshilfe (BeweisVO 1206/2001/EG, Zustel-lungsVO 1393/2007/EG)
b. Deutsches autonomes Internationales Verfahrensrecht (Grundzüge)
c. Völkerrechtliche Schranken der staatlichen Gerichtsbarkeit
- Recht der außergerichtlichen Streitbeilegung
a. Internationale Schiedsgerichtsbarkeit (Überblick)
b. Mediation (Überblick)