Institut für Finanz- und Steuerrecht Forschungsfelder
Das 1966 durch Klaus Vogel gegründete Institut für Finanz- und Steuerrecht der Ruprecht-Karls-Universität Heidelberg ist auf zahlreichen Forschungsfeldern tätig. Das Herzstück bildet das öffentliche Finanz- und Steuerrecht. Es schließt das deutsche und europäische Haushalts- und Schuldenrecht, aber auch das Währungsrecht ein. Doch auch weitere Bereiche des Öffentlichen Rechts und des Unionsrechts sind Gegenstand der Forschung am Institut.
I. Staatsorganisationsrecht/Grundrechte
Eine wichtige Grundlage für die Betätigung des Instituts bilden das Staatsorganisationsrecht und die Grundrechte. Über mehr als drei Jahrzehnte gab der frühere Institutsdirektor Paul Kirchhof gemeinsam mit Josef Isensee (Bonn) das renommierte Handbuch des Staatsrechts heraus, das unter deren Herausgeberschaft in drei Auflagen erschien. Seit 2023 verantwortet Hanno Kube gemeinsam mit Uwe Kischel (Greifswald) die Neuausgabe des Handbuchs, die erneut auf zwölf jeweils jährlich erscheinende Bände angelegt ist. Das Projekt wird durch eine umfangreiche Langfristförderung der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) unterstützt.
II. Verwaltungsrecht
Die Forschung des Instituts im Bereich des Verwaltungsrechts beschäftigt sich u.a. mit dem Thema der Digitalisierung. Hanno Kube befasste sich in seinem Referat auf der 78. Staatsrechtslehrertagung 2018 mit dem Beratungsgegenstand „E-Government: Ein Paradigmenwechsel in Verwaltung und Verwaltungsrecht“. Auch das Verwaltungsprozessrecht ist Gegenstand der Forschung am Institut.
III. Deutsches Steuer- und Abgabenrecht
Ein wissenschaftliches Kernfeld des Instituts bildet die Forschung zum deutschen Steuer- und Abgabenrecht. Hanno Kube ist Mitherausgeber des Großkommentars „Kirchhof/Kube/Mellinghoff“ zum Einkommensteuergesetz sowie der Zeitschrift „Steuer und Wirtschaft“ (StuW). Eine besonders herausgehobene Rolle im Rahmen der Tätigkeit des Instituts im deutschen Steuer- und Abgabenrecht spielt die Forschung zum Steuerverfassungsrecht. Dies belegen zahlreiche Projekte, die sich u.a. mit der Vermögensteuer und dem Solidaritätszuschlag befassten. In jüngerer Zeit hat ein umfangreiches Institutsgutachten die Besteuerung sog. Ökowertpapiere untersucht. Im Bereich der nichtsteuerlichen Abgaben waren bereits der Rundfunkbeitrag, die Bankenabgabe und Fragen der Umwidmung des Aufkommens aus Sonderabgaben Gegenstand von Forschungsarbeiten am Institut.
Mit Arbeiten zum deutschen Steuer- und Abgabenrecht promoviert wurden etwa Maximilian Bowitz („Das objektive Nettoprinzip als Rechtfertigungsmaßstab im Einkommensteuerrecht“), Jana-Sophie Enders („Fiskalzwecke im Steuerverfassungsrecht“), Sebastian Heinrichs („Fremdbestimmte Steuerwirkungen und Subjektsteuerprinzip“), Nicole Herrmann („Steuersubjekte des ErbStG“) und Ruben Martini („Der persönliche Körperschaftsteuertatbestand“).
IV. Europäisches und Internationales Steuerrecht
Ein weiteres Kernfeld bildet die Forschung des Instituts zum Europäischen und Internationalen Steuerrecht. Ekkehart Reimer gibt gemeinsam mit Alexander Rust (Wien) den international renommierten DBA-Kommentar „Klaus Vogel on Double Taxation Conventions“ heraus, ist Mitherausgeber der Zeitschrift „Internationale SteuerRundschau“ (ISR) und Mitautor des renommierten Lehrbuchs „Europäisches Steuerrecht“ (Schaumburg/Englisch/Dobratz, 3. Aufl. 2025). In der Schriftenreihe „Heidelberger Beiträge zum Finanz- und Steuerrecht“ (HFSt), die von Hanno Kube und Ekkehart Reimer herausgegeben wird, war bereits „Das Beihilfenrecht als Innovationsmotor des Steuerrechts“ (HFSt 8) Thema. Im Mai 2023 beschäftigte sich das Symposion der Steuerrechtswissenschaftlichen Vereinigung Heidelberg unter dem Thema „Sondersteuern?“ u.a. mit der EU-Übergewinnsteuer.
Mit Arbeiten zum Europäischen und Internationalen Steuerrecht promoviert wurden etwa Jakob Billau („Die steuerliche Integration des Europäischen Binnenmarktes durch Doppelbesteuerungsabkommen“), Daniel Drescher („Der Gleichheitssatz der Europäischen Grundrechtecharta in Anwendung auf das direkte Steuerrecht“), Steffen Hörner („Die negative Integration einzelstaatlicher Steuerrechtsordnungen“), Christian Jung („Das Multilaterale Übereinkommen zur Umsetzung des BEPS-Projektes von OECD und G20“), Lennart Neckenich („Das Beihilfenrecht in der Kompetenzordnung“), Matthias Roth („Konzerngesellschaft als Betriebstätte“), Iris Schomäcker („Steuerverfassungsrecht und gesetzgeberischer Gestaltungsraum“), Noemi Strotkemper („Das Spannungsverhältnis zwischen Schiedsverfahren in Steuersachen und einem Internationalen Steuergerichtshof“) und Matthias Valta („Das internationale Steuerrecht zwischen Effizienz, Gerechtigkeit und Entwicklungshilfe“).
V. Steuergeschichte
Hanno Kube und Ekkehart Reimer sind Mitglieder des Arbeitskreises Steuergeschichte, der die Entstehungs- und Wirkungszusammenhänge steuerrechtlicher Normen untersucht. Mehrfach waren große Institutssymposien steuergeschichtlichen Themen gewidmet – u.a. im November 2021 unter dem Titel „Das Steuerrecht der Republik“ dem 100-jährigen Jubiläum der Erzbergerschen Finanzreformen sowie im November 2024 dem Thema „100 Jahre Internationales Steuerrecht in Deutschland“ anlässlich eines Gutachtens von Herbert Dorn für den Deutschen Juristentag (DJT) im Jahr 1924 zur Vermeidung einer internationalen Doppelbesteuerung. Ferner wurde Christoph Bräunig mit der Arbeit „Herbert Dorn (1887-1957)“ promoviert. Robert Pracht untersucht in seinem Habilitationsvorhaben unter anderem die Ausstrahlungswirkungen der Reichsabgabenordnung auf das Allgemeine Verwaltungsrecht.
VI. Staatshaushalts- und -schuldenrecht
Ein besonderer Fokus des Instituts liegt auch auf dem Staatshaushalts- und -schuldenrecht. Dies belegen u.a. die jeweiligen einschlägigen Abhandlungen von Hanno Kube und Ekkehart Reimer zu den Art. 109 ff. GG in renommierten Grundgesetz-Kommentaren. Einen Kernpunkt des wissenschaftlichen Interesses bildet hierbei die Schuldenbremse des Grundgesetzes.
Daneben trug Ekkehart Reimer in seinem Referat auf der 73. Staatsrechtslehrertagung 2013 zu der künftigen Ausgestaltung der bundesstaatlichen Finanzordnung vor und erstattete für den 70. Deutschen Juristentag 2014 gemeinsam mit Simon Kempny (Bielefeld) das Gutachten zum Thema „Neuordnung der Finanzbeziehungen – Aufgabengerechte Finanzverteilung zwischen Bund, Ländern und Kommunen“. Zehn Jahre später fertigte Hanno Kube für den 74. Deutschen Juristentag 2024 ein Gutachten zum Thema „Bewältigung zukünftiger Krisen: Welche gesetzlichen Rahmenbedingungen werden benötigt, um effizient und effektiv zu reagieren und finanzielle Hilfen bedarfsgerecht zu verteilen?“ an. Daneben waren etwa die „Subsidiarität in der Finanzverfassung“ (HFSt 1) und die „Entwicklungslinien in der Finanzverfassung“ (HFSt 3) bereits Gegenstand von Abhandlungen in den Heidelberger Beiträgen zum Finanz- und Steuerrecht.
VII. Europäisches Finanz- und Währungsrecht
Spätestens seit der Eurokrise 2010 hat auch das Europäische Finanz- und Währungsrecht allgemein erheblich an Bedeutung gewonnen. 2019 analysierte das Institutssymposion „Alternative Währungen: Herausforderungen des Finanz- und Steuerrechts“, 2020 stand es unter dem Titel „Solid Financing of the EU. Perspectives for the German Council Presidency“. Darüber hinaus hat die Schriftenreihe „Heidelberger Beiträge zum Finanz- und Steuerrecht“ regelmäßig weitere unionsfinanzrechtliche Themen zum Gegenstand: so beispielsweise „Rechtliche Grundlagen und Grenzen der EU-Bankenabgabe“ (HFSt 2) und „Europäisches Finanzrecht: Stand – Methoden – Perspektiven“ (HFSt 6). Promoviert wurde etwa Sebastian Röger mit der Arbeit „Finanzhilfemechanismen für die Eurozone“.
VIII. Grundlagen des Rechts
Zahlreiche spezifische rechtliche Fragen führen auf grundlegende Fragen des Rechts, seine Geltung und Auslegung. Immer wieder haben Mitglieder des Instituts Arbeiten zur Verfassungstheorie und insbesondere (möglichen) Verfassungsvoraussetzungen, aber auch zur Rechtssprache, zur Methodenlehre, zur Rechtsvergleichung und zur interdisziplinären Anschlussfähigkeit des Öffentlichen Rechts vorgelegt. Benjamin Straßburger habilitierte sich 2020 mit der Arbeit „Herrschaft als Auftrag. Der Verfassungsbegriff des demokratischen Konstitutionalismus und seine Bedeutung für die supranationale Integration Deutschlands“. Fragen der Komplexität des Rechts behandelte Janis Beckedorf in seiner gleichnamigen Dissertation.
IX. Weitere Forschungsthemen
Im Rahmen seiner Mitgliedschaft in der Fellow-Klasse 2020/21 des Marsilius-Kollegs wirkte Hanno Kube am Arbeitsvorhaben „Gesellschaftliche Selbstermächtigung: Ausmaß, Gründe, Folgen, Maßnahmen“ mit. Außerdem beschäftigte er sich bereits mehrfach mit dem Thema „Vertrauen im Verfassungsstaat“ bzw. „Vertrauen und Vertrauensverluste“. Matthias Valta habilitierte sich 2016 mit der Arbeit „Staatenbezogene Wirtschaftssanktionen zwischen Souveränität und Menschenrechten“.